"Fachbereich Waffentechnik!" sagte der Mitarbeiter und ging sofort zum nächsten Namen über.
Häääää? dachte sich Jennifer verwirrt. Waffentechnik? Warum brauchen DIE denn Verwandlungen...?
Sie grübelte noch darüber nach, als alle Leute zugewiesen waren und die Mitarbeiter der einzelnen Fachbereiche ihre jeweiligen Leute einsammelten. In Jennifers Fall war das ein junger Mann in soldatengrün. Und zudem war sie nicht alleine, außer ihr waren noch vier andere Freiwillige diesem Fachbereich zugewiesen worden.
Ungeduldig betrachtete der Soldat sie alle. "Ich bin Stabsfeldwebel Müller!" stellte er sich in befehlsgewohntem Tonfall vor. "Bevor Sie sich wundern - ja, es gibt einen Fachbereich Waffentechnik, dabei handelt es sich um eine Kooperation mit der Armee. Die Vorlesungen finden allerdings in der Kaserne statt, wenn Sie mir dann bitte folgen würden..."
Schnell scheuchte der Feldwebel die kleine Truppe auf den Parkplatz, wo ein Armeebus mit bereits laufendem Motor wartete.
Jennifer war die letzte, die einstieg. Alle anderen hatten sich schon im Bus einen Platz gesucht, einige sahen genauso planlos aus wie sie, andere schienen deutlich relaxter. Schließlich fiel Jennifer eine Frau um die 40 auf, die ein freundliches Gesicht hatte. Vielleicht hatte die ja eine Idee, was hier abging?
Etwas zögerlich ging sie zu ihr hin. "Entschuldigen Sie..." fragte Jennifer "...kann ich mich neben Sie setzen?"
Die Frau sah sie an, dann den leeren Bus und dann wieder Jennifer. Sie zog eine Augenbraue hoch, lächelte dann aber. "Aber sicher doch, Liebes. Ich nehme mal an, du bist zum ersten Mal dabei...?"
Jennifer fiel ein Stein vom Herzen. Diese Frau verstand sie offensichtlich!
"Ja..." meinte sie, während der Bus ruckend losfuhr. "Und ich bin gerade ein bisschen verwirrt... 'Waffentechnik'? Was soll ich mir darunter vorstellen? Und was sollen wir da verwandelt werden?"
Die Frau lachte. "Tja, da kann ich dir leider nicht weiterhelfen, denn das wüsste ich selber gerne."
"Oh... Sie sind auch das erste Mal dabei...?" fragte Jennifer entmutigt, aber die Frau lachte.
"Oh nein... schon über ein Dutzend Mal.". Aber ich war noch nie im Fachbereich Waffentechnik. Und ich kenn auch keine, die dort waren. Also bin ich genauso gespannt wie du. Übrigens, ich bin Gisela."
"Freut mich, ich bin Jennifer. Ähm, ich würde dich gerne eine Sache fragen..."
Gisela lachte. "Sicherlich, wie es so ist in diesem Job?"
Jennifer nickte scheu. Amüsiert betrachtete sie Gisela.
"Also... ich find's nicht schlecht. Es ist einfach verdientes Geld. Ich bin Hausfrau und kann keinen Vollzeitjob machen. Das lassen meine Kinder nicht zu. Von daher bin ich ganz froh, dass es sowas gibt. Aber manche Tage sind halt schöner als andere."
"Wie meinst du das denn?" wollte Jennifer jetzt wissen.
"Na ja... kommt halt auf die Verwandlung drauf an..." zuckte Gisela mit den Achseln. "Manche sind angenehm... andere nicht so."
"Und in was wurdest du schon alles verwandelt?" wollte Jennifer jetzt mit großen Augen wissen.
Gisela lachte. "Also dir das zu erzählen dauert Stunden. Ich kann dir aber einige Ausschnitte geben, wenn dir das reicht."
Jennifer nickte und Gisela begann:
"Also... ich würde es unterteilen in schöne, interessante und... weniger schöne Verwandlungen. Fangen wir mal mit den schönen an. Bei meinem 'ersten Mal' hatte ich Glück - ich geriet an einen Zoologen, der seiner Klasse Huftiere näher bringen wollte. Und insofern hab ich den ganzen Tag damit verbracht, von einem behuften Tier in's nächste verwandelt zu werden. Pferd, Reh, Ziege, Kuh... ich muss sagen, das Pferd hat mir am besten gefallen, ich hab mich so lebendig gefühlt, wollte am liebsten gleich losrennen."
sie lächelte bei dem Gedanken. "Auch schön waren Verwandlungen in Raubtiere. Ich war sogar mal ein Tiger. Da hab ich mich richtig mächtig gefühlt."
Jennifer hing ihr praktisch an den Lippen. "Boah... ein TIGER zu sein? Das stell ich mir... toll vor."
"Ist es auch." bestätigte Gisela. "Aber wie gesagt... das waren nur die richtig schönen. Jetzt kommen die interessanten. Einmal wurde ich dem Fachbereich Mode und Design zugeteilt. Die Professorin hatte ein Seminar über Designerkleidung gegeben. Und dafür extra ein Modell engagiert - und mich. Und dann haben wir beide gemeinsam ihre Beispiele vorgestellt. Ich war die Kleidung und das Model hat mich getragen."
"WAS?" platzte es ungläubig aus Jennifer heraus. "Du warst KLEIDUNG?"
"Oh ja..." meinte Gisela. "Und es war auch gar nicht schlimm. Im Gegenteil. Es fühlt sich toll an, nur ein Stück Stoff zu sein und getragen zu werden. Und das ist auch noch kein Vergleich zu meinem 'interessantesten' Erlebnis."
"Das da wäre...?" fragte Jennifer begierig.
"Och... einmal wurde ich dem Fachbereich Maschinenbau zugewiesen." grinste Gisela Jennifer an, die planlos zurückstarrte. "Maschinenbau? Und was hast du da gemacht?"
"Nun ja..." meinte Gisela genüßlich. "Der Prof hat früher bei BMW gearbeitet und wollte den Studenten ein modernes Oberklasseauto vorführen..." sie fügte eine Kunstpause ein und schaute Jennifer an, der beinahe die Augen aus dem Kopf fielen.
"Wie? Du warst ein... ein...?" stammelte sie.
"Jepp." bestätigte Gisela fröhlich. "Die haben mich in einen BMW 750li verwandelt."
"Boooaahh..." machte Jennifer fassungslos. "Und wie war's so, ein... ein... Auto zu sein?"
"Och, ganz interessant, wie gesagt... du bist so viele Dinge auf einmal, die alle perfekt zusammenarbeiten. Und wenn dann jemand in dich einsteigt und dich fährt, dein Gaspedal drückt und dein Motor beschleunigt dich - einfach nur toll!" meinte sie verträumt. "Zudem war der Prof nett und hat mich noch etwas Spaß haben lassen."
"Wie das denn?" wollte Jennifer wissen.
"Na ja... als er mich nach der Vorlesung zurückverwandeln wollte hab ich ihn gefragt, ob ich noch ein bisschen in der Form bleiben könnte. Und das hat ihm wohl geschmeichelt, dass ich es so toll fand, ein 7er BMW zu sein, also hat er zugesagt. Er hat dann auch noch Das Kommunikationsgerät in mir montiert und mir ein Tageskennzeichen besorgt. Tja und dann..." sie lächelte Jennifer an, deren Kinn schon fast auf dem Boden lag. "...hat er meinen Mann angerufen und hergebeten. Zusammen mit meinen Kindern."
Jennifer jappste. Aber Gisela erzählte unbeirrt weiter.
"Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber schließlich haben die dem Prof geglaubt, dass dieser funkelnde, silberne 7er tatsächlich ihre Frau und Mama ist. Tja und dann... haben wir einen Familienausflug gemacht. Mit mir als Auto. Die Kinder fanden's toll. 'Auto-Mama' haben sie mich genannt und liegen mir heute manchmal immer noch damit in den Haaren, dass ich noch mal zum Auto werden soll."
Sie lächelte verträumt. "Wenn dein Mann dein Lenkrad anfasst und Gas gibt, dann ist das wie... ach ist ja auch egal." lachte sie, als sie Jennifers Gesicht sah. "Wie gesagt - das waren die interessanten. Kommen wir zu den weniger schönen Verwandlungen..."
Sie überlegte. "Hm... vielleicht hab ich's sogar dabei..." Gisela kramte ihr Smartphone hervor und suchte etwas darauf herum. Schließlich wurde sie offensichtlich fündig. "Hier, schau mal..." meinte sie grinsend und zeigte Jennifer das Display. Neugierig guckte sie hin, zuckte aber sofort wieder zurück. "Ihhhh!!!" machte sie, denn auf dem Video war eine riesige Spinne zu sehen, die über einen Schreibtisch krabbelte.
"Ist ja eklig...!" rief sie. "Warum zeigst du mir-" doch dann wurden ihre Augen groß wie Teller. "Du willst mir doch nicht etwa sagen...?"
Gisela nickte. "Doch. Das bin ich. Hat mir ein Student danach geschickt, mit Zusatz 'Vorsicht: Nicht ihren Kindern zeigen'."
"Du... du warst... eine... SPINNE?" schüttelte sich Jennifer. "Jepp... wobei, auf dem Bild bin ich eine Kamelspinne, die ist noch mal irgendwas eigenständiges."
"EKLIG!" mehr fiel Jennifer nicht ein. "Na ja..." machte Gisela. "Es ist nicht unangenehm, sowas zu sein. Ganz und gar nicht. Es ist halt nur komisch. Ich mein, ich bin eine normale Hausfrau mit zwei Kindern. Und auf einmal bin ich so ein Viech mit acht Beinen. Das ist komisch. Aber nicht unangenehm. Trotzdem gehört sowas verständlicherweise nicht zu meinen Favoriten. Was ja auch nicht das einzige. Ein Mal bin ich an einen Wurmforscher gekommen... und ein anderes Mal an jemanden, der Quallen untersucht. QUALLEN!"
Aber dann sah sie Jennifers entsetztes Gesicht. "Och Schätzchen... ich wollte dir jetzt keine Angst machen... wie gesagt, es ist nicht unangenehm. Nur komisch. Und manche haben halt Probleme damit, ein Krabbelviech zu sein... aber keine Sorge. Sowas wird dir heute definitiv nicht passieren."
Etwas benommen nickte Jennifer. Doch da merkte sie dass sie sogar schon angekommen waren - offensichtlich auf einem Militärstützpunkt.
Genauso schnell wie beim Einstieg scheuchte auch dieses Mal der Feldwebel die Freiwilligen aus dem Auto und in einen Besprechungsraum, wo schon mehrere Leute warteten, die wie normale Hochschulprofessoren aussahen.
Einer von ihnen räusperte sich.
"Vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, als Verwandlungsobjekte zur Verfügung zu stehen. Wie sie sicherlich wissen, muss auch bei der Armee gespart werden. Von daher werden wir Sie heute einsetzen, um..."