Christopher erwachte in völliger Dunkelheit, umgeben von einem wunderbar weichen Stoff. Er stöhnte laut auf. Jegliche Möglichkeit, dass er es nur geträumt haben mochte, dass gerade eine riesige Frau auf ihm gestanden hatte, wurde durch die Schmerzen, die er am ganzen Körper spürte, ad absurdum geführt. Seine Rippen waren nicht gebrochen worden, fühlten sich aber an, als wären sie ein gutes Stück nach innen gedrückt worden, so dass er Mühe hatte Luft zu kriegen. Ein Bein musste sich dank des Riesenfuß, der ihn in den Boden getreten hatte, verdreht haben, wann immer er es bewegte, schoss ihm ein stechender Schmerz direkt ins Hirn. Er fühlte sich wirklich in jeder Hinsicht zertrampelt, plattgetreten. Aber das war nicht das schlimmste. Das schlimmste war das dumpfe, wummernde Geräusch, von außerhalb seines komfortablen Gefängnisses, welches Christopher unweigerlich als eine fahrende Ringbahn erkannte. Connie war unterwegs. Zu Bekannten. Die mit ihm "spielen" würden. Und dann töten. Erneut stieg Panik in Christopher auf. Er war kurz davor, ohnmächtig zu werden, aber dann erwachte sein Überlebenswille. 'Du wirst es schaffen, irgendwie! Appeliere an ihr Mitleid, suche Fluchtmöglichkeiten, DU WIRST DIESE NACHT ÜBERLEBEN!'
Weiter kam sein Gedankengang nicht. Sein Gefängnis wurde von einer immens großen Macht nach oben gehoben. Christopher musste die Augen zusammenkneifen, als das Licht im inneren der Bahn ihm direkt durch das durchsichtige Plastik ins Gesicht schien. Als er sie wieder öffnete, sah er in Connies grinsendes Gesicht. Ihm wurde schlecht.
Connie hielt die Kassettenhülle, gefüllt mit Christopher und Watte, dicht vors Gesicht.
"Hurra, du bist schon wach! Ich hatte echt befürchtet, du hast überhaupt keine Erholungszeit mehr, bevor...in zwei Haltestellen müssen wir schon raus!"
Der kleine Christopher antwortete nicht. Er hatte den Blick gesenkt. Fast hätte er Connie leid getan.
"Ganz unter uns, Kleiner: ich hatte zuhause echt überlegt, ob ich dich nicht gleich plattmachen soll. Ohnmacht finde ich echt nicht cool, du sollst ja was mitkriegen! Aber Not macht erfinderisch: ich hab ein paar echt feine Aufputschsachen dabei. Wenn du mir zu oft schlapp machst, gibt es eine Ladung vom feinsten Zeug, was ich aus der Forschung klauen konnte! Das Gute für dich, es tut ein bisschen weniger weh alles. Das Feine für mich: du bleibst voll bei Bewusstsein! Aber die ersten Runden meiner Spiele werden wir ohne Drogen versuchen, okay?"
Christopher wühlte sich dicht in die Watte ein, so dass Connie nicht mehr viel von ihm sah.
Sie lächelte.
"Okay, das ist fair, Kleiner. Ich lass dir noch ne Viertelstunde Pause. Wird heute anstregend genug für dich."
Und mit diesen Worten verstaute Connie die Kassettenhülle wieder in ihrer Tasche.
Connie hörte die laute Tanzmusik hinter der Türe der WG ihrer Freundin Justine wummern. Ihr Herz wummerte fast ebenso schnell. Sie hatte aufrichtig Schiss. Alle Gäste der Party waren ihr bekannt, soweit sie wusste, mochten sie alle. Sie hatte auch immer wieder Andeutungen gemacht, wie gerne sie in ihren Phantasien kleine Winzlinge quälte und zerquetschte. Die Reaktionen waren sehr wohlwollend gewesen, denn Kink Shaming ging in diesen aufgeklärten Kreisen gar nicht. Aber das hier war etwas anderes. Keine reine Phantasie. Sie hatte WIRKLICH einen kleinen Mann dabei. Würden sie Connie trotzdem akzeptieren? Oder sie ächten? Eventuell sogar die Polizei rufen wegen versuchten Mordes?
Connie atmete tief durch. 'Nur den Mutigen gebührt das Gute!' dachte sie und klingelte.
Justine öffnete. Ihre wunderschönen grünen Augen blitzen erfreut hinter ihrer rotgefärbten Lockenmähne hervor. Justine trug ein Shirt, auf dem "Crush the Patriarchy" stand, eine sehr knappe Polyesterhose und sonst nichts. Connie musste unweigerlich auf Justines nackten Füße schauen. Ihr wurde heiß. So sehr sie es liebte, selbst zu zertreten, so unglaublich mehr machte es sie an, wenn eine Person, die sie selbst hot fand, es für sie tat. Justine war 28 und einige Semester über ihm im Spotstudiengang. Sie hatten sich in der Mensa angefreundet. Justine war der erste Mensch gewesen, der Connie ihre Phantasien anvertraut hatte. Und obwohl Justin selbst nicht viel daran fand, akzeptierte sie es nicht nur, sondern trat extra für Connie hin und wieder auf Ameisten und Spinnen. Einfach, um ihr eine Freude zu machen. Vor Justine fürchtete sich Connie noch am allerwenigsten.
"He, meine Augen sind hier oben!" grinste Justine, die bemerkt hatte, dass Connies Blick bei ihren Füßen hängengeblieben war. Connie wurde leicht rot.
"Bin ich die letzte?" fragte sie.
"Du bist DAS letzte, aber das weißt du ja". Eine schnelle, herzliche Umarmung, bei welcher Connie Justines Geruch - Parfüm, Schweiß Cannabis, Rotwein - tief einsog, dann hatte Connie ihre Schuhe ausgezogen und lief in Nylonstrümpfen direkt ins Wohnzimmer.
Dort begann sie zu schlucken. Fünf Leute saßen auf dem geräumigen Sofa und in Sesseln, alle schon ziemlich angetrunken. Und alle konnten sie heute fertig machen, wenn sie nur wollten.
Auf dem Sessel links vom Eingang lümmelte Anna, 38, Surflehrerin, die Älteste, aber auch Verrückteste in der Runde. Sie hatte lange braune Haare, einen Traumkörper und wunderschöne Füße. Sie war barfuß und trug lange Jeans und ein weißes Top. Eigentlich hatte sie Schauspiel studiert, aber war dann nach Portugal gezogen, um nur noch zu surfen. Anna liebte Hunde, Bier, Sex und Freiheit. Bei ihr war sich Connie ziemlich sicher, dass sie safe war.
Anders verhielt es sich mit Kristin, 29, auf dem Sessel rechts von ihr. Kristin war das Gewissen der Runde, Veganerin, Fridays for Future-Aktivistin. Wenn man auch nur in Erwägung zog, in ihrer Gegenwart ein Viech zu zertrampeln, durfte man sich auf minutenlange Vorträge gefasst machen. Kristin hatte blonde Haare, blaue Augen und trug ein Batikhemd und Kordhose. Sie war ebenfalls barfuß, die Hornhaut an ihren Füßen zeigte, dass sie das auch draußen gerne gemacht hatte. Beim Anblick von Kristin rutschte Connie das Herz in die Hose. Was machte sie nur hier...
Auf dem Sofa knutschten Simona und Jan. Simona war 22 und Tänzerin aus Italien, ein Gesicht wie ein Engel, ein Körper, der Connie oft schon zum Träumen eingeladen hatte. Sie trug ein figurbetonendes grünes Kleid und sonst nichts. Jan an ihrer Seite war ein durchtrainierter Medizinstudent, 24, kurze Hose, rotes "Back to the Future"-Shirt, brauner Kurzhaarschnitt. Connie stand tierisch auf beide, leider hatte sich bislang nie etwas ergeben. Simona wie Jan waren immer auf der Suche nach Spaß und neuen Erfahrungen, das machte Connie Mut...
Und dann war da noch Johanna, die 24-jährige, bildschöne Frau mit den schwarzen Haaren, die ihre wunderschönen riesigen Füße, die sich in schwarzen Socken versteckten, auf dem Tisch abgelegt hatte und als einzige nicht luftig leicht gekleidet war: Kapuzenpulli, braune Herbsthose. Connie hatte Johanna in einer Kneipe, in der diese gekellnert hatte, kennengelernt. Irgendwann war sie Teil der Clique geworden. Johanna war eigentlich für alles zu haben, Connie hatte mit ihr Nächte in Kneipen, Clubs und Parkbänken verbracht. Das Problem war nur: es war nicht beim platonischen miteinander Trinken geblieben, Connie hatte die Affäre irgendwann beendet und Johanna war immer noch stinkig deswegen. Seit ein paar Wochen war sie immerhin bereit, wieder mit ihr im selben Raum zu verweilen. Aber der Blick blieb eisig...
"Hallo Mädels, hallo Junge!" rief Connie in die Runde und wurde mit freudigem, angetrunkenen Gejohle begrüßt - mit Ausnahme natürlich von Johanna, die tat, als wäre niemand hereingekommen.
"Wo warste denn so lange?", rief Anna lauter, als der Lautstärkpegel der Musik es erforderte - was wiederum einiges über IHREN Pegel sagte.
"Ich...hatte was für diesen Abend zu erledigen...für euch...und mich...", sagte Connie schüchtern. Verdammt, warum stotterte sie jetzt? Sie merkte, wie sie schon wieder rot wurde.
"Alles okay?" fragte Kristin besorgt. Connie warf einen Blick zu Justine.
"Könntest du...kurz die Musik ausmachen?" Weil Connie das so ernst gesagt hatte, zögerte Justine nicht lange. Was es auch war, was Connie zu sagen hatte, es schien wichtig zu sein. Barfuß tänzelte Justine zum MP3-Player und stellte ihn auf Standby.
"Leute, hört mal kurz zu, Connie hat was Wichtiges zu sagen!"
Simona und Jan stöhnten mit gespielter Empörung auf, Anna rief: "Buuuh!"
Connie fühlte sich wie bei einem Tribunal. Sie schwitzte und wurde bleich. Übelkeit stieg in ihr hoch. Erstarrt stand sie vor ihren Bekannten.
Es war Kristin, die sie aus ihrer Starre holte.
"Hey, Schwester, es ist okay! Was auch immer du uns sagen willst, sag es. Wir lieben dich hier. Alle..." Johanna sah nach unten.
Connie nahm all ihren Mut zusammen.
"Hallo nochmal. Äh, also passt auf. Ihr wart immer echt supergut zu mir. Habt alle meine Macken ausgehalten. Und ihr alle wisst von meinen...äh...'Vorlieben'. Ihr habt mich deswegen nie gejudged, was ich euch nie vergessen werde!
Nun ist es so...ich arbeite ja an diesem streng geheimen Zeug und...naja, also...das, was ich mir wünsche, ist jetzt möglich. Und ich...ich würde es gerne mit denen teilen, die ich liebe. Also mit euch..."
Stille. Dann sagte Anna leise:
"Connie, Alte, verarschst du uns gerade?"
Es gab kein Zurück mehr. Jetzt oder nie.
Connie reichte in ihre Tasche, die ihr immer noch über die Schulter gebaumelt hatte. Holte die Kassette heraus.
Anfangs sahen die Anwesenden nur Watte. Doch dann kam Bewegung in den Inhalt der Kassette, zwei winzige Hände hämmerten gegen das harte Plastik. "Bitte Leute, lasst mich raus! Sie ist verrückt!!!" piepste es leise, aber gut hörbar von innen.
Kein Zweifel. Es war ein winziger nackter Mann.
"Also...äh...habt ihr Lust, mit mir und ihm zu spielen?" fragte Connie noch schüchterner.
"FUUUUUUUCK!!!" staunte Anna.