Sophie saß am Küchentisch und stocherte in ihrem Müsli herum, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Melanie plapperte fröhlich vor sich hin und erzählte von einer neuen Aufgabe in der Schule, bei der sie sich besonders freute, im Mittelpunkt zu stehen. Doch Sophie konnte sich kaum auf die Worte ihrer Schwester konzentrieren. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um das feuchte Bettlaken und die leise Panik, die sie seit dem Aufwachen begleitete.
"Sophie, alles in Ordnung?" fragte ihre Mutter und legte eine Hand auf Sophies Schulter. Ihr Blick war besorgt und forschend.
"Ja, ich bin nur müde," murmelte Sophie und zwang sich zu einem Lächeln. Doch bevor sie weiterreden konnte, krachte die Küchentür auf und ihr Vater stürmte herein, das Gesicht vor Ärger gerötet.
"Was soll das, dass die Waschmaschine schon so früh läuft?" polterte er. "Und dann auch noch nur mit einem Bettlaken und einem Schlafanzug? Das ist reine Energieverschwendung!"
Sophie erstarrte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, und sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Ihre Mutter drehte sich zu ihrem Mann um und runzelte die Stirn.
"Das ist doch nicht so schlimm, Stefan. Vielleicht hatte jemand einen Unfall oder so. Reg dich doch nicht gleich so auf," versuchte sie zu beschwichtigen.
"Ein Unfall? Was für ein Unfall?" Ihr Vater schnaubte verächtlich. "Das ist einfach unvernünftig! Wir müssen doch auf unsere Kosten achten!"
Sophie senkte den Blick auf ihren Frühstückstisch und zitterte leicht. Sie hoffte, dass das Gespräch bald in eine andere Richtung ging, doch die Anspannung im Raum wuchs spürbar.
"Sophie, warst du das?" fragte ihr Vater plötzlich, seine Stimme etwas sanfter, aber immer noch mit einem Hauch von Vorwurf. Bevor sie antworten konnte, mischte sich ihre Mutter ein.
"Stefan, das reicht jetzt. Wir reden später darüber. Lass die Kinder in Ruhe frühstücken." Ihre Stimme war nun fester und bestimmter.
Der Streit verlagerte sich schnell von der Waschmaschine zu alten, ungeklärten Konflikten zwischen den Eltern. Die Lautstärke der Stimmen stieg, und Sophie und Melanie saßen stumm und angespannt da, unfähig, etwas zu tun.
"Warum müsst ihr immer streiten?" flüsterte Melanie und schaute verzweifelt zu Sophie hinüber. Sophie wollte ihre Schwester trösten, aber sie fühlte sich selbst so verloren und überfordert. Sie konnte nur nicken und Melanies Hand unter dem Tisch drücken.
Das Frühstück, das einmal eine friedliche Familientradition war, fühlte sich jetzt wie ein Schlachtfeld an. Die Worte flogen hin und her, und die beiden Schwestern konnten nur hilflos zusehen. Schließlich griff Sophie nach ihrem Rucksack und stand auf.
"Ich gehe schon mal zur Schule," sagte sie leise und verließ die Küche, bevor jemand sie aufhalten konnte. Melanie folgte ihr schweigend, und zusammen machten sie sich auf den Weg, während die erhitzten Stimmen ihrer Eltern hinter ihnen zurückblieben.